Bericht eines Canyoning-Teilnehmers, 09/2018

 

Nachdem ich letztes Jahr also mal ins Canyoning „hineingeschnuppert“, bzw. einiges an Wasser dabei geschluckt habe, hatte ich dieses Jahr das Bedürfnis es noch einmal zu probieren. Die Entscheidung fiel auf „Allgäu – Starzlachklamm“. Laut Beschreibung für sportliche Einsteiger oder Leute mit ersten Erfahrungen. Passt! Bin beim ersten Mal dank tatkräftiger Unterstützung des Guides nicht abgesoffen, abgestürzt oder sonstwie nachhaltig zu Schaden gekommen, auch wenn er es schwer hatte mit mir.

 

Bevor wir Richtung Allgäu gestartet sind sollte uns aber noch „Fabienne“ heimsuchen. Wer sich erinnert, das war der nicht ganz kleine Sturm, der nicht nur hier bei mir, sondern auch dort einiges an Wasser mitgebracht hat. Das hat die Veranstalter dazu bewogen mir schon mal vorsichtig fünf Tage vor der Tour beizubringen, dass das wahrscheinlich eh nix wird. Egal, Zimmer ist gebucht, eine Nacht im Allgäu halte ich auch aus, bevor es weiter Richtung Urlaub mit Seminar geht.

Anreise läuft! Nun gut… bis zu den ersten 20km. Da ist nämlich Baustelle! Auf allen vier Spuren steht ein großes „A8“ gepinselt und ich Depp glaub das auch noch. Die beiden Fahrspuren mit der normalen Fahrbahnbreite werden allerdings auf die Bundesstraße abgeleitet, wo man dann nach ein paar Kilometern über die Ausfahrt- Einfahrt umdrehen darf und…ja…genau wieder auf die Autobahn aufgeleitet wird. Wäre ich ohne Umwege angekommen, wärt ihr ja auch irgendwie enttäuscht, oder?

 

Die weitere Fahrt verlief ohne größere Probleme und ich kam am Hotel an. Das Allgäu ist so schön, es geht immer bergauf *schnauf*. Wir hatten uns ja daheim schon eine Wanderung herausgesucht, allerdings sieht man da keine Kuhweiden….und die kamen natürlich.

Für mich der Punkt die Tour umzuplanen. Wir reden hier schließlich von zwei Hunden die Kühe gerne mal scheuchen wollen und Klein-Kreischi hat Freude daran mit seiner lieblichen Stimme ganz laut „HALLO“ zu rufen. Zugegeben… ich tu mir das nicht an.

 

2h Gassi am Nachmittag, abends noch eine kleine Stadtrunde mit Katzensichtung (ja genau, danach wusste die Nachbarschaft, dass Murps eine Katze gesehen hat) und ich hatte müde Hunde. Was für ein schöner Zustand!

Der abendliche Anruf der Canyoning-Organisation verriet mir dann, dass die Tour stattfinden kann, da die Bedingungen grad so akzeptabel sind, aber erhöhte Strömung herrscht. Die Veränderung des Startes von 9 auf 10 Uhr gefiel mir dabei besonders gut.

 

Nach dem (bergauf) Morgengassi und Frühstück waren wir also 30min zu früh am Treffpunkt. Die Hunde wurden nochmals kurz einzeln gearbeitet, Suchspiele wurden gemacht und Tricks geübt. Einfach alles, damit die Luxusköterchen zufrieden sind, wenn Mama unterwegs ist und bei ihrem Talent auch vielleicht nie wieder kommt.

Pünktlichst um 10Uhr steht der Guide da…und sagt mir, dass wir zwei wohl alleine auf Tour sind. Ohje…der Arme. Ob er weiß, was er sich damit antut? Ich wurde nochmals auf die stärkere Strömung hingewiesen, trotzdem gab er mir aber keine Schwimmflügelchen. Verstehe wer will?!

 

Mir wird ein Neopren ausgesucht…er versucht mir zu schmeicheln, da er mir einen der Größe S in die Hand gibt. Ähm…da pass ich doch nicht rein. Weniger diskutieren sondern anprobieren war die Ansage. Tatsache…er passt, allerdings hab ich plötzlich das Gefühl unendlich dick zu sein, das Ding saß schon etwas eng. Helm und Kletterzeug wird in den Wagen gepackt und los geht’s.

 

Geparkt, hochgelaufen und nur einmal den Kopf angestoßen (warum auch den Helm da schon aufsetzen, ist ja doof). Die Einweisung ins aktive Abseilen beginnt. Erstaunlich, sieht nicht so schwer aus, ist eigentlich nicht so schwer, trotzdem nochmal wiederholen, komisch…da kannte er mich noch gar nicht richtig. Kurzer Check von Kletterdings und Helm und los gings.

 

Schon nach kurzer Zeit im Flussbett (mein Guide musste eigentlich ständig auf mich warten) kamen wir zur ersten Abseilstelle. Ich pack zwar 6km/h auf der Ebene, im Fluss aber eher 6m/min.

Keine Panik bekommen, das Seil nicht loslassen, das Seil unter keinen Umständen loslassen und bitte das Seil nicht loslassen, weil ich sonst schneller unten bin, als mir lieb ist. Ok…verstanden. Man seilt sich direkt in den Wasserfall ab und ich klammer mich ungelenk am Seil fest und versuche langsam, koordinationslos und vorsichtig unten anzukommen. Er hätte ruhig erwähnen können, dass man trotzdem noch atmen soll. Ist mir erst im Verlauf bei meinen Abseilbemühungen aufgefallen, aber Sauerstoff wird ja eigentlich eh völlig überbewertet.

So langsam wurde dem armen Kerl klar, dass er einen absoluten Bewegungslegastheniker dabei hat, der dank Tätigkeit in der Unfallchirurgie auch noch Angst vor jeglicher Verletzung hat. Es wurde mir alles wirklich mehrfach erklärt und er hat extrem auf mich aufgepasst, dass ich mich nicht noch dusseliger anstelle, als eh schon. Er hat`s immerhin versucht und meist auch geschafft.

 

Was er nicht verhindern konnte war, dass ich mir meinen Fuß zwischen zwei Felsen einklemme und dank der vergleichsweise starken Strömung an dem Tag dort auch nicht wieder rauskam. Also hieß es für ihn zurückkommen und meinen Fuß befreien. Er war schon nah an der Verzweiflung.

Kurz darauf folgte die Frage, ob ich abbrechen möchte…jetzt wäre noch die Möglichkeit zum Ausstieg. Ja, eigentlich hätte ich das gern gemacht, allerdings da ich manchmal äußerst stur sein kann, war aufgeben leider keine Option. Ob er lieber eine andere Antwort gehört hätte weiß ich allerdings auch nicht. Er meinte später, dass er das bei den heutigen Bedingungen sogar verstanden hätte.

Wir kamen also langsam weiter und damit auch an die Stellen, die er mir beim hochlaufen schon deutlich erklärt hat. Nämlich wenn ich da Mist baue, können wir die Rettung rufen. Normalerweise ist das für mich eine Aufforderung zum tollpatschig sein. Da ich ihn und seine Qualifikationen in 1. Hilfe nicht kenne, war ich allerdings durchaus stets bemüht seinen Anweisungen zu folgen.

 

Vor Ort kam die Erklärung dann nochmals „keinen Scheiß bauen, sonst haben wir ein Problem“. Das schöne ist dann allerdings die Aussage im Anschluss „Hör endlich auf zu denken“. Ja was denn nun? Menno!

Ich hab die Stellen im Übrigen irgendwie geschafft. Wie das lief ist mir eigentlich selbst völlig unklar. Da mein Guide so langsam am Rande des Nervenzusammbruchs mit mir stand und es außerdem sch… kalt war (jaaaa, ich friere auch mit dickem Neopren, er irgendwie trotz ähnlichem Körperbau nicht), haben wir irgendwelche möglichen Extrasprünge ausgelassen, da ich eh nur noch schwerlich aus dem „Ganzkörperzittern“ herauskam und die körpereigene Motorik bei Kälte nicht unbedingt zunimmt. Vielleicht zur Verdeutlichung…als ich um kurz nach 9Uhr zum Materiallager gefahren bin, musste ich erstmal mein Auto freikratzen.

 

Irgendwann steht dann die lange Abschlussrutsche an…das „nicht bremsen“ hab ich zwar schon irgendwie realisiert, ob der Körper das dann auch umsetzt ist dann die andere Frage bei der Sache. Angekommen mit einem lauten „platsch – blubber“ im Wasserbecken hab ich dann den gefühlt 3. Liter bei der Tour erfolgreich inhaliert. Magen- und Lungenspülung in einem ist doch äußerst praktisch, oder?

 

Ich krabbel nach oben auf den Weg, wo mein Guide schon auf mich wartet. Wir machen uns auf den Rückweg, ich immer noch zitternd, umziehen kann ich mich dann im Lager.

Während ich genau das mache sitzt er vor dem Gebäude in der leichten Sonne, versucht seine Fassung wiederzugewinnen, überlegt wann er nach dieser Tour psychisch wieder einsatzfähig ist und hat vermutlich Hoffnungen, dass die nächsten Kunden ihre Extremitäten deutlich besser koordinieren können.

Wir sind fertig. Ich von der Tour und der Kälte des Wassers, er von mir!

 

Psychische Erschöpfung bei ihm, bei mir ein paar Hämatome am Oberschenkel und eins unter dem Daumennagel, was mich die nächsten Tage noch etwas nerven wird. Hätte er mich nicht auf der Tour darauf hingewiesen dass es blutet, hätte ich mich vermutlich gefragt, woher es kommt.

Für mich geht’s jetzt weiter nach Österreich und für euch zum „Bericht eines Seminarteilnehmers 09/2018“ (Stand 05.10: Kommt am 07.10.) :D