Bericht eines Seminarteilnehmers, 10/2017

 

Achtung! Die Selbsthilfegruppe „Seminarteilnehmer-talentfrei und Spaß dabei“ (bestehend aus „Klein Kreischi“, Mister „Leinenführigkeit, nicht mit mir“ und meiner Wenigkeit) hatte wieder einen Therapietermin in fernen Landen gehabt. 

Anreise lief! Gleiches Kartenmaterial wie letztes Jahr, nur diesmal ohne verfahren….könnte also letztes Jahr doch meine Schuld gewesen sein *grübel* Ja Navi…du hattest Recht.

 

Starten wir doch direkt mit den Dingen, die für die Hunde wichtig sind. Gassi! Großer Fluss, lange Strecke entlang und zwei Hunde die laufen wollten. Also Richtung Fluss, 5km hin, umgedreht, zurück…außer ein paar komplett merkbefreiten Hundebesitzern kann ich nur berichten, dass die Hunde danach wenigstens zufrieden waren und geschlafen haben. Müssen sie ja auch, weil „Mama“ hat wieder kreative Tour-Ideen gesammelt, wo sie dann vermutlich (wie meistens) den Weg nicht mal findet.

 

Nach der kurzen Morgenrunde und dem Frühstück wurden die Rucksäcke von zwei der drei Beteiligten gepackt. Frauchen trägt 2l Wasser, Sani-Pack, Regenhose, Messer und etwas Paracord bei sich…der arme Schäferhund 2l Wasser. Er ist irgendwie der Ansicht, dass das unfair verteilt wäre. Wir sind hier im Hause Grosse aber bekanntlich keine Demokratie! Klein-Murps trägt natürlich nur Fell und Geschirrchen. Also ab in den Canicrossgurt, Ruckdämpferleine zwischen JJ und mir und los geht’s.

 

Ende der Tour: Die App lobt mich für 16,5km, 730 Höhenmetern und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,3km/h. 

Geil…ich sag euch, mit so einem gestreiften Schlepplift kommt man die Berge echt gut hoch, Rekordzeit, trotz ziemlicher Steigung zwischendurch. Sah ungefähr so aus, wie eine Gazelle, die ein Krokodil hinter sich herzieht.

Der arme kleine schwarze Hund aber hatte Nachteile. Er wird nicht gezogen und musste aus eigener Kraft nach oben. Der BLICK!! Vernichtend angepisst und ich war mir nicht sicher, ob er nicht sogar etwas aus Protest lahmte. Jetzt kam allerdings ein Abschnitt, der nicht nur schlammig, steinig, rutschig, sondern auch ziemlich steil war. Mein Schlepplift hat sich die gewerkschaftlich vorgeschriebene Pause genommen und lief plötzlich artigst neben mir, ich brauchte alle 2,5 Höhenmeter eine Pause um nicht völlig zu kollabieren. Wer stand acht Flexileinenmeter weiter oben, grinste vergnügt und drängelte? Genau…Murphy! Dem gings nicht schnell genug. Wer zuletzt lacht…

 

Wer oben ist, muss aber zwangsweise auch irgendwann wieder runter. JJs Paradedisziplin. An der Leine zerren…mit einem Geschirr und der Ruckdämpferleine geht das ganz gut, aber Frauchen ist sooooo langsam und dämpft das Laufvergnügen doch ganz erheblich. Verzweifelte Bremsversuche meinerseits, begeisterte Zerrversuche seinerseits und Murphy, der glücklich nebenher trabte. Zum Glück kenn ich den Hund schon eine Weile und konnte die Bremstaktik „schreiend auf dem Bauch liegend hinterhergezogen werden“ irgendwie abwenden.

 

Wir starten in den Freitag…und einem ziemlichen Muskelkater. Hochlaufen geht ja noch, aber bergab bremsen war irgendwie zu viel. Interessanterweise schmerzten durch den Hüftgurt völlig andere Stellen als erwartet. Es war heute nur eine kürzere Tour, da der Nachmittag verplant war. Lockere 6,7km, 230Höhenmeter, wiederum 5,3km/h. Darf ich mal erwähnen, dass ich Kühe an Wegen nicht mag? Kurzum…sie mochten die Hunde nicht und die Hunde sie nicht… zum Glück mochten die Kühe den Stromzaun aber auch nicht!

 

Kommen wir nun zu einer völlig unhundlichen Beschäftigung, welche mir von den Seminarorganisatoren ermöglicht wurde (vielen Dank, ihr seid die Besten!!). 

Ich schaffe es ohne Zwischenfälle zum Treffpunkt (tut mir leid Leute, die Autofahrten waren echt unspannend diesmal)! Dort bekomme ich einen Neoprenanzug verpasst (wo zum Teufel sind meine mindesten drei Bediensteten die mich da reinzwängen?), ein Klettergeschirrsitzirgendwas-Dings und einen Helm. Ab zum Canyoning für Bewegungslegastheniker.

Auto wird geparkt, Hochlaufen ist angesagt. Nun gut… immerhin ist jetzt sicher, dass auch mir ziemlich warm werden kann, das Warm-Up wäre also erledigt. Mir wird gesagt, dass wir am Einstieg sind, ich sehe ein Tor mit einem Schloss dran. „Ok, wird er wohl den Schlüssel dafür im Rucksack haben“ denkt sich der naive Teil meines Gehirns….bis die Großhirnrinde die gesprochenen Worte meines „Führers“ zusammenbastelt und dabei herauskommt, dass wir über dieses Tor und dann über das Geländer der dort befindlichen Holzbrücke klettern. „Ähm WAS? Meint er das ernst?“ Flink kletterte er über das Tor, dann an der Außenseite der Brücke hinunter und stand im Flussbett, fast wie ein Äffchen. Nun…und ich? Ja, ich habs auch versucht, war vermutlich weder ansehnlich, noch machte es einen besonders kompetenten Eindruck, aber irgendwie hab ichs geschafft. Tut mir leid an alle, die das mit ansehen mussten. Ehrlich! Zum Glück dürften es nicht so viele gewesen sein. 

Wir legten los… es war nass! Ganz erstaunlich, wenn man sich die Definition dieser Beschäftigung anschaut. Neopren hält aber echt ordentlich warm, sogar ich musste nicht frieren, obwohl das Wasser garstig kühl war… also… unter 30°C. Man sieht also diesen Menschen vor sich laufen, der das ganze schon recht lange betreibt und man sieht mich. Er läuft durchs Flussbett, ganz normal und entspannt und ich bin die ganze Zeit dabei, nicht wie ein Vollidiot unsanft auf der Fresse zu landen, weil ein glitschiger Stein unterm Schuh wegrutscht. 

Nun gibt es in dieser Sportart aber auch solche Unarten, wie z.B. dass man an unmöglichen Stellen springen soll. Ok… ich war ja erst im Europa-Park… da geht’s auch recht hoch incl. runter, wild hin und her und über Kopf, das geht ganz gut…aber oben stehen und runterspringen zu müssen, das ist irgendwie…nun ja…äähm…bedenklich. Vor allem sieht man unten den Landepunkt (ein natürliches Wasserbecken), in der Mitte längsverlaufend ein Baumstamm. Anweisung „spring rechts oder links, bitte nur nicht drauf“. Guter Witz! MOMENT…das war kein Spaß? DA RUNTER? Ich bin ja recht kopflastig veranlagt, ich arbeite in der Unfallchirurgie und sind wir ehrlich, ich wollte nicht. Die eine Stimme im Kopf schreit lauthals „Weichei“ und lacht schadenfroh, die andere zählt mir grad die möglichen Verletzungen genüsslich eine nach der anderen auf und sagt, dass du schon einen Vollschuss haben musst. 

Ich werde kreativ. Ich frage sämtliche Qualifikationen meines Begleiters ab. Erste Hilfe? Sanitäterausbildung, Wasserrettung, Rettungsschwimmer? Echt? Alles? Sch…. ! Die dritte Nachfrage, ob er sich sicher ist, dass er mich dort unten rausholen kann im Notfall! Der schlimmste Augenblick kommt… mir gehen die dummen Fragen aus. Die Anweisung „schalte den Kopf aus und spring einfach“ ist genauso sinnvoll wie nutzlos, denn es ist wahr, aber sag das mal deinem Gehirn. Die Synapsen brennen durch und ich tu es. Die wenigen Meter vergehen irgendwie wie im Flug (ha ha) und unten ist tatsächlich Wasser…und der Baumstamm ist nicht unter, sondern neben mir. Cool! Die Aussicht darauf, dass es nicht mehr schlimmer wird, erfreut mich dafür umso mehr… den sehr sehr uneleganten Bauchplatscher am Schluss der Tour muss ich nicht näher beschreiben. Der Mann ist nun wirklich nicht größer wie ich…aber er schafft es irgendwie mit Händen, Füßen, Spinnenbeinen oder was auch immer sich an den Fels zu kleben… ich dagegen eher nicht *hüstel*. Fertig, erleichtert und komplett durch (also…ICH…nicht er) sind wir nach ca. einer Stunde (gefühlten 4h) am Parkplatz und fahren zurück. Ich schrei nach meinen drei Bediensteten die mich wieder aus dem Neoprenanzug herausholen. Es kommt erneut keine Sau, so langsam glaube ich, dass ich gar keine Angestellten habe! Bevor ihr fragt…NEIN, es gibt zum Glück keine Beweisfotos!!

 

Kurz in die Pension, nochmal duschen, Haare trocknen, mit den Jungs (die froh sind, dass Frauchen nicht das Bezirkskrankenhaus besucht) eine Pipirunde und wieder zurück zum Treffpunkt, da beginnt die Vorstellungsrunde. Neue Leute und alte Bekannte versammeln sich dort und schmunzelnd wird mir prophezeit, dass ich nach der Tour vermutlich noch mehr Muskelkater haben werde morgen. Hehe… ne ne…das geht schon nicht mehr.

 

Doch, es geht! Samstag morgen sollte mit einem kurzen Gassi beginnen. Begann es auch, aber dass man solche Schmerzen durch Muskelkater haben kann, war mir nicht bewusst. Herrje, war ich langsam! Jede Bewegung musste gut überlegt werden…kurz gesagt, die Muskeln waren im Arsch… …ja…genau…die dort...nennen wir sie medizinisch Gluteus medius. Die Brustmuskulatur hat sich dem angeschlossen… von was genau? Tja…die hat kaum was gemacht, aber Streik ist Streik… schön, dass ich diese Muskulatur nur brauche um JJ zu kontrollieren.

 

Das Seminar beginnt… alles ist nach der kurzen Theorieeinheit Feuer und Flamme auf laufen. Oh…laufen… ne, keine gute Idee und wenn doch, dann bitte langsam. Sehr langsam. Ich bin ca. 96 Jahre alt, da muss man Rücksicht nehmen, ja?!

Trailen mit dem kleinen Hund…ja…der ist zügig unterwegs, aber die 8kg kann man halten. JJ mit seinen ca. 33kg, ja, den kann man auch halten, aber man ist gezwungen im Tempo zuzulegen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass einige sich doch über meinen Zustand recht gut amüsieren…hey, das ist fast so wie Männerschnupfen! Nicht lustig!! Immerhin das Ego wird gestreichelt, weil die Jungs lieferten eine super Arbeit ab. Im Grunde genommen, könnten sie manche Sachen fast alleine! 

Wer meine trailende Tigerente kennt weiß, dass er am Schluss immer so gerne seine Futtertupperbox zurück zum Auto trägt. Da ich ja aber einen sehr gießkannenaffinen Hund habe, braucht er eine Bonsai-Plastikkanne nun auch zum trailen *überzeugt nick*. Die Versteckperson wurde instruiert und nach dem Übungsabschlussmotivationstrail bekam er diesmal die Kanne. JJ war deutlich irritiert, trug aber Frauchen zuliebe das Ding medienwirksam durch die Gegend um alle Leute einmal dazu zu bringen, ihn absolut putzig zu finden. 

 

Zum Glück sind die Hunde nach einem Seminartag ordentlich müde und brauchen kein weites Gassi mehr… ich hab noch nicht mal mein tägliches Schrittziel erreicht, schockierend!

Am Sonntag kommt man schon etwas leichter morgens aus dem Bett, der Vorteil wenn man nicht komplett unsportlich ist, es wird meist zügig besser. 

 

Es ist einfach eine herrliche Organisation. Man bekommt nicht nur den Treffpunkt gesagt, sondern man wird sogar erneut direkt am Hotel abgeholt und fährt im Konvoi hin. Klasse! Ist vermutlich einfacher, wie mich irgendwo in der Peripherie zu suchen, einzusammeln und an den richtigen Treffpunkt zu bringen.

Wir sind an einem Campingplatz, ein schöner See und wir dürfen wie letztes Jahr etwas Boot fahren. Als erste Übung davor kommt aber noch die Spurabgangssuche. Murphy (beeindruckt vom Heldenmut seines Frauchens zwei Tage zuvor) stürzt sich mutig in die nicht nur hohe, sondern auch sehr nasse Wiese um seinen Job zu erledigen. Bei REGEN! Tapferer Bub! JJ dagegen, dem das ganze ja nichts ausmacht, fühlt sich jetzt doch eher wieder wie ein Flächensucher und missversteht die gut vorbereitete Übung wieder völlig. Wer braucht schon einen exakten Spurverlauf, wenn es Hochwind gibt? Genau…der Holländer schon mal nicht!

 

Kommen wir zur zweiten Übung. Anriechen an einer Schaukel und Suche des erwachsenen „Kindes“ das dort geschaukelt hat. Ähm…die hängt zu hoch für den kleinen Hund, auf den Arm nehmen findet er doof. Also hinknien, Murph stellt sich auf meinen Oberschenkel und kann anriechen. Legt los (nachdem sich Frauchen noch recht mühsam wieder aufgestellt hat) wird etwas unsanft ins Boot gebracht (leider alles sehr rutschig), steigt später wieder aus und findet die Person…ob er mir für ein Seminar in dieser Umgebung erneut zur Verfügung steht muss er sich wirklich nochmals überlegen. JJ dagegen „ooooh… Schaukel!“ findet er toll und rennt völlig kopflos in die falsche Richtung. Auch schön, nur leider eben etwas suboptimal. Boot fahren kann er dafür, darin schick aussehen auch irgendwie. Ok…die Aufgabe richtig beenden hat er auch geschafft. Beide Jungs waren nach der Arbeit wieder reichlich müde, genau genommen, wollte der Kleine schon gar nicht mehr vom Beifahrersitz aufstehen und so haben wir das Seminar offenbar erfolgreich mit dem Ziel „müde Hunde“ abgeschlossen.

Fazit: Wir hatten fünf wirklich spannende Tage mit tollem Wetter, super Organisation, Trailtagen wo die Hunde abends einfach müde und zufrieden waren. Ein besonderer Dank geht an die Staffelleitung, die das Canyoning möglich machte und die Person, die mich eine Stunde dabei ertragen hat. War bestimmt nicht leicht!