Bericht eines Seminarteilnehmers 10/2016:

Atemlos durch die Nacht

Schau was trailen mit dir macht

Atemlos einfach raus

Zieht der Herder mich, oh Graus

 

Oh… hallo! Nein, bevor ihr denkt, dass die Gehirnschäden jetzt doch nicht mehr gänzlich zu verbergen sind, das kam mir heute so in dem Sinn, als ein Radiosender seinen „spielt verrückt“ Tag hatte, während ich vom letzten Seminar heimfuhr.

Seminar? Ja! Ich finde, ich war jetzt wirklich schon richtig international trailen! Deutschland, Schweiz, Rheinland-Pfalz (ok, das könnte noch Deutschland sein), Bayern und jetzt auch mal in Österreich.

Mittwoch. Was für ein schöner Tag um anzureisen. Mitten in der Woche, etwas Zeit zum Urlaub und nicht allzu lange ohne Bespaßung. Ich brauche ja immer spezielles und hundelastiges Animationsprogramm. Schließlich hätte ich gern abends müde Hunde.

 

Wunderschöne Strecke, ok, verkehrsbedingt hats etwas länger gedauert, schließlich reden wir von der A8! Ich kam an, zwar nicht so wie gedacht, man kann sich aber am Kreisverkehr schließlich auch mal verzählen, oder? NEIN…nicht ich! Mein Navi! Warum sagt dieses Ding auch die zweite Ausfahrt, wenn es die erste meint?

Nette kleine Pension war das, ich hatte nur Angst um den überall ausliegenden Teppich. Nun gut, wir werden sehen, ob einer der Hunde den einsaut. 

Erstmal ne ordentliche Runde Gassi. Beide bekommen die neuen Sicherheitsgeschirre dran und JJ die dazugehörigen Packtaschen. Wenig Gewicht, das Physiofrauchen passt ja auf. 10km später, Hunde ab ins Auto, Packtaschen abschnallen, und mein Gepäck (ha ha… der Großteil des Gepäcks gehört inzwischen den Hunden!) aufs Zimmer schleppen. Hab ich eigentlich erwähnt, warum ich zuerst lange spazieren war? Genau! Damit Klein-Murph nicht so schreien muss, sondern er müde im Auto wartet, bis ich ihn hole. Ich war kaum an der Hoteltür und schon brüllte er aus Leibeskräften, so dass ich ihn ganz sicher nicht vergessen könnte, immerhin die Bedienung des Restaurants fand ihn goldig. Vielleicht kurz zur Erklärung, wenn wir irgendwo ankommen muss er mit und zwar sofort, sonst steigt sein… ja…was eigentlich? Angst, dass ich ihn vergesse? Er im Auto schlafen muss? Egal…irgendeine Art von Stress, der nach 1min genauso schnell verschwindet, wie er gekommen ist. Irgendwann waren Gepäck und Hunde im Zimmer, die mitgebrachten Decken und Laken waren zum Schutz übers Hotelbett verteilt, die Hunde incl. dem Frauchen kurz danach auch.

 

Der Frühstücksdame erklärte ich am Donnerstag erst einmal bildlich, warum ich gerne ein „Bitte nicht stören“ Schild hätte. Nach meiner lebhaften Beschreibung hatte sie auch die Bilder im Kopf, dass zwei Hunde erstmal den Zimmerservice fressen um danach ihren Bewegungsdrang im Hotel auszuleben. Sie nahm einen kleinen Zettel, Kuli und einen Streifen Klebeband. So löst man Probleme, andere Hotels haben solche Standardschilder im Zimmer dafür, aber die sind ja auch echt langweilig und unkreativ!

 

Yeah! 1. Tour: Der Vier-Seen Rundweg klang gut, war er eigentlich auch… also…eigentlich. Bis auf dass dieser nie mit diesem Namen ausgeschrieben ist, man sich anfangs auf steilen und ausgewaschenen, engen, steinigen Trampelpfaden in die Höhe kämpft und meine Hunde wie üblich mit dem Wort „Leinenführigkeit“ nur sehr wenig anfangen können. Bergauf ist das aber echt eine Hilfe! Bergab weniger, das endete in Diskussionen und für mich in Muskelkater.

See für See wurde umrundet oder wenigstens daran vorbeigelaufen, allerdings wo sich See Nr. 4 versteckt hat, hab ich nicht so ganz begriffen. Nun ja… drei Seen reichen auch völlig aus, so dass wir auf 15km Gesamtstrecke kamen….so bekommt man auch einen Herder müde, nachdem er mir in dem einen See gezeigt hat, dass er echt überhaupt nicht schwimmen kann!

 

Freitag wollte ich es etwas ruhiger angehen lassen, schließlich sollen die Jungs noch ein Seminar laufen. Aus dem „ruhig angehen“ wurde ein 5km Auf- (und damit später auch wieder Abstieg) über 400 Höhenmeter. Geil! Der „Aufstieg“ ging total gut! Der Herder zieht so extrem den Berg nach oben, dass die anderen Spaziergänger nur neidisch guckten. 

Eigentlich haben die Leute vor JJ wegen dem Schäferhund-Aussehen echt Respekt vor ihm. Wenn er allerdings seine Packtaschen trägt, ist er plötzlich „mei, so süß“ und man muss ihn anfassen, von oben auf den Kopf tatschend natürlich. Er liebt das so sehr, dass er (wenn ich das nicht schnell genug stoppe) eher „mei, so angepisst“ ist. Mich fand übrigens mit meinem Rucksack kein einziger Mensch süß (ok…süß müsste man dann eh neu definieren)

Schöne Strecke, alle waren müde. Ich hab danach tapfer dafür gesorgt, dass ich bloß keine Minuskalorien habe und nach einem Mittagessen to go kam noch irgendwie eine Waffel mit zwei gigantischen Kugeln Eis in meine Hände… komisch! 

Nun der Teil der Geschichte auf den alle warten. Mein Weg zum Treffpunkt für das Freitag- Abend Vorab-Gespräch. Rechtzeitig losfahren – check -, den Weg fast vollständig mit Navi finden – check - , den Weg ganz finden? Ha! Ihr habt ja lustige Ideen!

Was die Deutschen mit schönen Umleitungen, Baustellen und mehr oder minder eleganter Wegführung können, können Österreicher auch (genauso wie ihren Hund nicht anleinen oder Fahrradfahrer die nicht klingeln). Wäre ja öde, wenn ich alles mal auf Anhieb erreichen würde!

Ok, das war ja noch vergleichsweise leicht, aber wirklich und nachhaltig talentfrei kann man sich anstellen, wenn man nach einer kurzen Erklärung ein Funkgerät in die Hand gedrückt bekommt und das Ding jetzt auch noch nutzen soll. Hä? Könnte ich dieses Gerät bitte zum testen mit nach Hause nehmen? Mit Anleitung! Ich brings nächstes Jahr auch wieder mit. Ehrlich! Versprochen! Nun gut…wenn ich dran denke. Blamieren ist eins, sich aber so blamieren, dass noch zig weitere Leute es auf dem Kanal sofort mitbekommen? Müsste jetzt nicht sein. Den Probedurchgang hab ich allerdings überlebt und mich danach echt effektiv zurückgehalten so ein Teil nochmals verpasst zu bekommen.

 

Wir starten den nächsten Tag beim Frühstück im Hotel. Ja, womit eigentlich? Damit, die Dame vom Service im Frühstücksraum nachhaltig zu verwirren.

Wir sind nah an der deutschen Grenze und so manches an kleinen deutschen, akkuraten Eigenarten scheint sich dort niedergelassen zu haben. 

Ein kleiner, viereckiger Frühstückstisch, darauf werden Schildchen gestellt, wo die Zimmernummern geschrieben stehen. Die Probleme schienen sich anzubahnen, weil irgendwie jeder von den dort wohnenden Seminarteilnehmern sich nur sehr lapidar an diese Schilder hielt. Man setzte sich zu den anderen, bzw. dort, wo grad ein Tisch frei war.

Ok, nun aber los zum Arbeiten mit den Hunden. Vermutlich wurde mein optimierungswürdiges Navigationstalent angekündigt, denn wir wurden von einer Einheimischen direkt am Hotel abgeholt und fuhren zusammen zum Treffpunkt. Stimmt…war auch besser so, hätte ich vermutlich nie gefunden.

 

Kurze Aufwärmtrails. Es wurde genauestens beschrieben wie dieser auszusehen hat, genau so, wie es in der „Bibel“ steht…DAS Buch um mit dieser Methode zu trailen. Alles nickte, jeder verstand, erstaunlicherweise machte es trotzdem kaum einer so, wie von ihm erwartet wurde. Nun gut, ich kann damit leben, so bibelfest bin ich da nun wirklich nicht.

Während die erste richtige Übung einfach nur toll anzusehen war (mir ist immer noch schleierhaft wie die Hunde diese Übung eigentlich lösen. Hätte ich diese Bibel mal nicht nur gelesen sondern auch verinnerlicht) stand auch schon die zweite große Übung des Tages an. Man wartete auf ein paar Einsatzkräfte der hiesigen Bergwacht mit ihren Flächensuchern. Trailer bringt Flächensucher bis zur richtigen Stelle in den Wald und dort geht der Flächensucher auf Opfersuche. So weit so gut. Ich kann mir nicht ganz helfen, aber seitdem weiß ich definitiv, dass auch die Profis nur und ausschließlich mit Wasser kochen. Sie haben das kochende Wasser auch nicht zu Wein verwandelt. Memo an mich: bitte nie bei einer Wanderung verloren gehen, ja?!

 

Starten wir in den zweiten Seminartag…ja, genau…beim Frühstück! Die Dame (die ich eigentlich unglaublich nett fand) war nun völlig durch den Wind als sie feststellte, dass wirklich niemand dort saß, wo sie ihn platziert hatte und zusätzlich noch eine Person zur Gruppe gehörte, die ihr bisher das offensichtlich noch nicht mitgeteilt hatte! Entsetzliche Welt, die arme Frau hat vermutlich am gleichen Tag noch eine psychologische Betreuung benötigt.

Fangen wir wieder an mit dem Aufwärmtrail. Nun… wir blieben uns treu und eigentlich haben die wenigsten das Ding so veranstaltet wie unser Chef des Wochenendes das hatte haben wollen. Es wurde erklärt, diskutiert und nachgefragt. Ich, als „Atheist“ (im Fall methodengläubiges Mantrailing) hätte jetzt eigentlich einen großen Eimer Popcorn benötigt. Alles war total wirr, lief durch die Gegend, holte Meinungen der anderen ein, es wurde in der Trailbibel geblättert, in Apps gesucht, man wollte sich die neueste Buchversion bestellen… und eigentlich würde ich behaupten, dass es völlig egal wäre. Äääähm…NEIN, natürlich nicht… nicht egal... wie kann ich nur sowas ketzerisches sagen. Pfui! Ok… ich tu es doch. Ob das Geschirr an der diskutierten Übung schon am Hund ist, ihr Gassi geht oder sogar noch erst eine Beschwörung murmelt…es ist ganz bestimmt egal. Nun dürft ihr mich virtuell hauen! Hauptsache, wir haben uns bis zum nächsten Seminar wieder alle lieb…und ja… die allgemeine Verwirrung war für einen eher Außenstehenden wirklich äußerst nett anzusehen.

Nachdem dieses arg schwierige Thema zwar nicht geklärt, aber immerhin beendet wurde, starteten wir mit einer Spurabgangssuche. Darf ich vorstellen? MURPHY! Es hatte geregnet, die garstige Wiese war nicht nur nass, sondern im Verlauf auch ungemäht und Murps fand den Tag durch das Wetter eh schon extrem bescheiden. 

Sobald wir im nicht-gemähten Teil ankamen, wurde einmal herzhaft in ein paar Grashalme gebissen, nebenbei hat man die Spur mitbekommen, folgt dieser für wenige Meter, dreht sich um und nutzt den schon vorbestehenden Trampelpfad dazu, dass man auf schnellstem Weg die Wiese verlässt. Jawohl. Er ist klein, goldig und putzig, er weiß es, einmal süß gucken und Frauchen ist um die Pfote gewickelt und findet, dass er ja eigentlich völlig Recht hat. 

JJ löste das Problem völlig anders, pfiff auf die eigentliche Spur, zeigte Frauchen mal wieder, dass man viel lieber ein Flächensucher geworden wäre (gerne für Rehe, Füchse, Hasen, Eichhörnchen etc.), lässt den Bloody, der zeitgleich loslief, die ordentliche Arbeit machen und war der Ansicht, dass seine Methode um einiges effektiver ist. ER fand sich gut…er hat die Person gefunden! Anders als ausgemacht, aber gefunden ist schließlich gefunden (und jetzt rück endlich das Futter dafür raus!)

 

Die vermutlich für uns spannendste Übung des Tages begann. 

Trail startet, geht bis zum Fluss, rein ins Bötchen, auf die andere Flussseite geschippert werden, Spur erneut aufnehmen, Person finden.

Soweit einfach. Murph trailt heran, ein kleiner Umweg vorher noch, dort wo irgendein Mensch mit Synapsenfriedhof im Hirn Fleisch in die Landschaft geworfen hat, Boot sehen, rückwärts gehen. Einmal auf den Arm mit dem Hundchen und mit der Hilfe von drei Leuten komm ich als überzeugter Bewegungslegastheniker mit umklammerten Hund die Böschung runter und ins Boot…und das ganz ohne vorher im Fluss zu liegen. Wir starten, er findets total doof. Der Blick! „Mama, ich stehe für keine weiteren Seminare mehr zur Verfügung, kündige und fliege zurück nach La Palma!!!“. Ok, die Person hat er noch gefunden. Nun muss man sich aber doch wundern, das Boot kommt, bringt das nächste Team, wir fahren zurück. Murph wäre (wenn der Einstieg einfacher gewesen wäre) selbständig eingestiegen, zitterte nicht mehr auf der Rückfahrt und mampfte munter Belohnungskekse für besonders tapfere Verdienste vor sich hin. Vielleicht bleibt er mir doch noch etwas erhalten.

 

Nun probieren wir das mit dem Holländer. Den Start vermasselt, auf der Spur gezerrt und Richtung Fluss. Was machen, wenn der Herder nicht will? Zwingen oder reintragen geht nicht, die meisten Herder sind nicht grad die Meister der Stressresistenz. Nun gut… bei JJ ist das jedenfalls so, geringer Druck führt schon zur absoluten Verweigerung. Eine Tupperbox mit extra Fleischbelohnung stand schon am Ufer bereit. Er wollte nicht rein, Mama lockte brav mit der Dose, ging einen Schritt zurück und nach einem mutigen Sprung stand er im Boot. Kurz danach war die Nase im Wind und er fands obercool. Rückfahrt war dann noch leichter, Ball ins Boot, Herder im Boot, Frauchen im Boot. Erstaunlich!

Was mich später noch viel mehr verblüffte war die Tatsache, wie sportlich Mantrailer sein können. Spur mit über 800m Länge im Double Blind in unter 10min? Leute seid ihr völlig gestört? Kann ja gar nicht anders sein, sonst würdet ihr nicht so rennen! So kann man die stundenlang verbummelte Alarmierung vermutlich wieder aufholen. Krasse Sache!

Wir blicken mal zurück. Wir sind schön durch die Gegend gelaufen, bei anderen heißt das „wandern“, bei mir einfach nur langes Gassi, wir sind bibeltreu getrailt und diese Staffel hat jetzt einen Einsatztrailer mehr… schnell isser ja schonmal. 

Problem daheim ist jetzt allerdings: Da hat sich ein süßer, kleiner Schäferhund an dieses Tagesprogramm gewöhnt. Er ist echt kaum zu ertragen!