Bericht eines Seminarteilnehmers

Juli/August 2015. Man kann dieses Jahr sogar von einem Sommer reden! Es ist warm, die Sonne scheint, der Regen fehlt, also was will man eigentlich mehr? Genau! Man geht zu einem Mantrail-Seminar. Wann? Na…zu dieser schönen Jahreszeit, weil man hat ja zwei Hunde, die eigentlich bei Hitze nicht so gut arbeiten. Klingt logisch, oder? Damit auch das Frauchen etwas Spaß hat, fahren wir am 1. Tag der Sommerferien von Baden-Württemberg los. Mittags versteht sich, morgens wäre zu wenig los. Wer den Großraum Stuttgart Richtung Karlsruhe etwas näher kennt, bekommt spätestens jetzt eine Vorstellung von meinem gewagten Vorhaben.

12 Uhr, man verlässt den Arbeitsplatz, man informiert sich gewissenhaft zum Thema Stau und düst los. Den Stau aus den Staumeldungen suchte ich vergeblich, aber das fiese Ding hat sich nur weiter Richtung KA verlagert und staut schon auf die Abbiegespur zurück. Schön! Immerhin hat man da nicht das Gefühl, alleine auf der Welt zu sein. Endlich läuft der Verkehr irgendwann wieder…ja genau, bis zur nächsten Karlsruher Baustelle. Hach, ich liebe diese Gegend einfach.

Nachdem auch diese Geduldsprobe zu Ende ist, fährt man weiter, landet beim Hockenheimring und ab jetzt ist es mit der eigenen Orientierung wirklich völlig vorbei. Das Navi leitet einen freundlich, gekonnt und souverän wie immer durch die Labyrinthe der Autobahnen und ich überlegte mir derweil, ob ich das letzte Mal, wo ich in die Richtung unterwegs war, nicht da abgebogen bin. 

Spätestens als mir auffällt, dass ich mich keineswegs in Rheinland-Pfalz sondern in Hessen aufhalte wird sogar mir klar, dass ich irgendwie nicht auf der richtigen Seite des Rheins bin. Die Nervosität breitet sich aus, der Symphaticus, der das körpereigene Stresslevel nach oben setzt läuft auf Hochtouren als mein Navi voller Stolz verkündet, dass ich jetzt auf die Fähre auffahren soll.

Moment mal? Fähre?!? Hat es grad Fähre gesagt? Ne ne, das hab ich ja noch nie gemacht und übers Wasser wollte ich eigentlich auch nicht anreisen. Mein Fluchtreflex hat inzwischen gesiegt, ich drehte um und war panisch dabei mein Navi umzuprogrammieren, dass es keine Fähren nutzen möchte. 

Ein netter Mensch auf einem Motorroller hat mir dann einen großen Umweg erspart, indem er mir freundlich klar machte, dass die Fähre jetzt, wo ich schon mal hier bin, die beste Möglichkeit ist um schnell am gewünschten Ort anzukommen.

Die Fähre legt an, ich fahre gekonnt (als ob ich das regelmäßig machen würde) einfach mal dem Rest hinterher und lande tatsächlich unbeschadet an der anderen Uferseite. Mein Navi freute sich und lotste mich doch tatsächlich quietschvergnügt und stolz auf sich zur Pension.

Während Murphy lautstark im Auto vermeldete, dass wir angekommen sind, begutachtete der pensionseigene Schäferhund meine Autobox im Kofferraum. Der Besitzer sagte, dass er ja nur mit großen Rüden ein Problem hätte, also „keine Angst“…die Erkenntnis, dass ein Holländischer Schäferhund im Auto mit 64cm Schulterhöhe durchaus als großer Rüde durchgeht, veranlasste ihn dann aber doch, seinen Hund zu sich zu rufen.

Nach einer für mich ungewohnt schlafreichen Nacht fing also am Freitag das Seminar an. Dazu erwähnen muss man vielleicht, dass der süße, kleine und sehr folgsame Schäferhund seinem Frauchen morgens einen Freiflug beschert hat, weil er musste mir (angeleint an einer Flexi) etwas schwungvoll mitteilen, dass er einen Hasen gesehen hat. Merke: Wenn man nicht auf zwei Hunde aufpassen kann, sollte man nur einen haben. 

Das Seminar startete ungewohnt für mich damit, dass ich den Treffpunkt ohne Umwege fand. Wir redeten dann über Theorie. Moment, lasst mich nachdenken…irgendwas mit Alarmierungen im Realfall, wer wann was wie tut, wie so eine Staffel funktionieren kann und organisiert ist. Immerhin hab ich zugehört, ob ich es im Bedarfsfall jemals im Hirn wiederfinden würde, ist allerdings mehr als fraglich. Naja, wir sind ja Sporttrailer.

Wir starten mit den ersten Motivationsübungen für die Hunde, die Jungs haben Spaß an der Aufgabe, weil man für wenig Arbeit schon einiges an Futter bekommt. 

Unser großer Auftritt. Das Startritual! Eigens geübt und einstudiert. Die Seminarleiter sind mehr als zufrieden.

Während wir Teilnehmer in der nächsten Übung nacheinander munter über die Wiese liefen und unsere Hunde den Spurabgang selbständig ermittelten kam die Meldung, dass eine etwas verwirrte ältere Dame den Weg zurück ins Altenheim nicht mehr gefunden hat. 

Alles packte in Windeseile das Zeug zusammen und fuhr los, wir sollten schließlich lernen, wie sowas abläuft. Alle? Nein! Ich war erstmal die nächsten (gefühlten) 10 Minuten damit beschäftigt das Trailequipment vom Dach der Hundebox wieder zurück in die Kiste zu verfrachten. Ich habe nun mal alles doppelt. Kleines Suchgeschirr, großes Suchgeschirr, eine Suchleine fürs schwarze Kleinteil, eine eher etwas ponygerechter, zwei kleinere Tupperdosen für die Bestätigung des Zwergs, zwei etwas größere für die Hyäne.

10km weiter wurden wir schon wieder angehalten, die Dame hat den Weg zurück in ihre Residenz gefunden und „wir“ wurden nicht mehr gebraucht… na…wir (also meine Hunde und ich) sind ja eh nicht zu gebrauchen für sowas und hätten ja nur zuschauend lernen sollen.

Nach einer weiteren Nacht mit mehr Schlaf, wie ich sonst in Pensionen habe, trafen wir uns wieder am altbekannten Treffpunkt. Den find ich sogar inzwischen ohne Navi.

Die erste Übung war natürlich gleich extrem gemein. Wir hatten drei Gläser, aber nur eine Spur. Der Hund soll doch bitte bei den anderen anzeigen, dass diese Person niemals hier war. Ha! Das können wir (solange wir wissen, was sich wo befindet).

JJ und ich kommen an den Start und suchen. Nicht die Person, nicht die Person die gar nicht hier war, sondern das Glas mit dem Geruchsträger! Ich wäre in einer Suchhundestaffel vermutlich gut aufgehoben, sie würden mir bei meiner gesteigerten Kompetenz wahrscheinlich gleich einen GPS Sender in die Klamotten nähen um mich jederzeit wiederzufinden, wenn ich mal wieder nicht weiß, wo ich bin.

Immerhin fanden wir es irgendwie, zeigten auch schön an, dass nichts da war und auf geht’s zur zweiten Glas-Suche. Im Gegensatz zum Frauchen wirken die Hunde richtiggehend professionell! Die Jungs haben die Gläser deutlich schneller im Blick gehabt wie das dubblige Frauchen. 

Nach Glas Nummer drei folgte dann ein kurzer Trail. Hund eins der Gruppe zeigte schon an, dass er nicht spurtreu arbeiten wollte, JJ und Murph folgten diesem Beispiel und meinten ebenfalls, dass man die spaßige Aufgabe um ein paar Meter erweitern könnte.

Murphy war „das letzte“ in der Reihenfolge. Da er leichten Husten bekam, hab ich ihn an den Schluss stellen lassen, damit er nicht alle anderen ansteckt. Dieser Husten setzte sich leider fort und so wusste die Versteckperson aus 200m Entfernung bereits, dass ein kleiner schwarzer Hustehund bei der Suche ist. Wer bei der Arbeit hustet, darf leider nicht trailen und so gabs eine Zwangspause für das Kerlchen. ER fand das gar nicht gut.

Nach einer Besichtigungstour durch die kleinen Ortschaften kamen wir dann am zweiten Trailort des Tages an. Kurze Spur, 18 Stunden alt.

Murphy musste leider die Zeit mit „nichts-tun“ (außer husten) verbringen und JJ durfte loslegen. Warum sich mit einer so alten Spur beschäftigen, wenn die Wildspur, die da ebenfalls liegt, viel spannender ist? Nach einer kurzen Diskussion über die erwünschten Verhaltensweisen eines Mantrailers starteten wir erneut und Tatsache, wir kamen an. Ein kleiner Bootssteg im idyllischen Wald, ein verwirrter Schäferhund und ein Frauchen, welches mal wieder nichts kapiert. 

Ok, die böse Versteckperson ist also ins Wasser gesprungen und war weg und da ein holländischer Schäferhund irgendwie Wasser auch ganz toll findet, hat er sich ebenfalls heldenmutig in den See gestürzt. Zum Glück konnte er stehen, weil schwimmen ist nicht so sein Talent. Immerhin wurden wir nicht dazu angehalten paddelnd oder watend die Spur zu verfolgen, sonst hätten wir am Schluss noch die Wasserrettung für Hundchen und mich benötigt

Der Tag war also fast geschafft und nach einer kurzen Mittagspause im Stuhlkreis starteten wir durch. Ein Hundeführer, ein Hund, eine Person die absichert. Keine Ahnung von der Spur. Frisch, nicht allzu lang, aber völlig planlos dafür. Hinterher laufen und vor Gefahren wie Autos, Fußgängern und Fahrrädern warnen, das kann ich gut…selber mit dem Hund suchen weniger. Man muss mir nur sagen, dass wir völlig ahnungslos losgeschickt werden und mein Stresspegel bekommt wieder seinen großen Auftritt. 

Was kann ich über unseren s.g. Double-blind erzählen? Nicht viel, ich weiß nämlich nicht mehr viel davon. Der Start war eine Katastrophe, wir liefen erstmal konsequent in die falsche Richtung, drehten irgendwann und kamen vermutlich nur durch Zufall bei der Person an. In der Zwischenzeit begegneten wir gefühlten 83 Hunden und 34 Autos, Frauchen im Stress, Hund ebenfalls. Hübsch und elegant trailen und erfrischt ankommen mit Sucherfolg sieht definitiv ganz anders aus!

So ein Wochenenden geht ja ganz schön schnell vorbei, wenn man nicht grad mit arbeiten beschäftigt ist und so widmen wir uns noch dem Sonntag.

Nächstes beschauliches Städtchen, einige Blitzer auf dem Weg, Treffpunkt Parkplatz. Der Trail eigentlich war gar nicht so erstaunlich, aber man muss ja auch sich mit den Einheimischen mal beschäftigen. Nein, eigentlich beschäftigen sie sich ungefragt mit einem.

Ein freundlicher Anwohner, der in direkter Nachbarschaft wohnt, erklärte äußerst freundlich, höflich und geduldig (hach, wo ist nur dieses Ironieschild wieder?), dass ihn die Hunde stören. Er hat ja nichts gegen Hunde, aber gegen Gebell. Er wird die Polizei rufen *jawohl*…wir haben ihm freundlicherweise erlaubt das zu tun. Bei unserer Abfahrt haben wir ihn bestimmt doll glücklich gemacht!

Es folgte die Lieblingsübung der Seminarleiter. Eine „Flussdurchquerung“. Ok…es war so ein zugemauerter Bach durch ein Dorf, wahnsinnige 2m breit und gefährliche ca. 25cm tief. 

JJ startet, trailt Richtung Bach, übersieht sogar eine Katze und steht vor dem Bach. Fixiert die andere Seite und ist kurz darauf total begeistert am planschen. Frauchen, die bisher noch trockene Füße hatte, ging mehr oder minder (vor allem minder) begeistert hinterher und….ja, die Stiefel sind auf jeden Fall nicht hoch genug gewesen. Auf der anderen Seite die Stufen wieder hoch, Trail beenden und mit einem Bogen, um die anderen nicht zu stören zurück.

Nach ca. 1:23min Erholungszeit am Auto, wird Murph „gesattelt“. Der Kleine ist weiterhin sehr fit und hustet auch nicht mehr. Spontanheilung durch Trailentzug.

Es war nicht anzunehmen, dass der Kleine sich die Füße nass machen würde, obwohl es so warm war. Doch das Teufelchen trailt heran, geht die paar Stufen zum Bach herunter, versucht die Wassertiefe mit der Pfote zu ertasten (während Frauchen das zweite Mal die Schuhe volllaufen und bereits animierend im Wasser steht) und das tapfere Murphylein wächst über sich hinaus und stürzt sich wagemutig in den reißenden Bachlauf, stakst tapfer zur anderen Seite, sucht weiter und findet. 

Wir waren weiterhin an letzter Stelle um die Kontamination durch eventuelle Hustenviren auf dem Trail zu minimieren, dürften den direkten Weg zurück und siehe da, jetzt wo er eh schon nass war, ging er wie selbstverständlich durch den Bachlauf und genoss es offensichtlich sogar noch. Ich hatte inzwischen gefühlte 3,5Liter Wasser pro Stiefel, war ja warm, da kann man nie genug dabei haben.

Nach einer erneuten kurzen Besprechung, die mir immerhin Zeit gab das wertvolle Nass aus den Schuhen zu kippen, ging es zum letzten Trailort des Seminars. Eine Eisdiele. Ach nein, ich Dummerchen. Eine Eisdiele war auch dort, aber auch wir bekamen unsere Belohnung erst nach der Arbeit…(dass sie mich da fast wieder rauszerren mussten, erwähne ich besser nicht). 

Die letzte Runde war dann ganz dem Thema gewidmet, dass Geld offenbar wirklich nicht stinkt. Vorhalle einer Bank, Bankomaten und Kontoauszugsdrucker fanden sich dort. Was sich für die Hunde nicht fand, war ein Geruchsträger. Die Luft, die darin war musste ausreichen. Die gesuchte Person, war direkt davor, ca. 20sek anwesend und sollte dann nur anhand der Luft als Geruchsträger gefunden werden. 

Murphy löste das ganze äußerst zügig, souverän und als ob wir das jemals geübt hätten, bog direkt nach der Ausgangstür in die richtige Richtung ab und zog begeistert zu der Person, um mal wieder Futter einzuheimsen, ich glaube er macht ab und zu solch tollen Sachen nur, um Frauchen zu verblüffen.

Fazit nach drei Tagen: Neben dem Wiedersehen und kennenlernen von Personen (sorry, drei Tage reichen nicht aus, um mir die paar Namen zu merken), konnte ich höchst wissenschaftlich beweisen, dass so ein Startritual doch gebraucht wird.

Die Hunde blicken ehrlich gesagt immer noch überhaupt nicht, was wir da tun, aber nach vier Wochen Übungszeit (damit das auch so aussieht, wie es aussehen soll) und drei Tage Seminar muss ich leider feststellen, dass ICH mich daran gewöhnt hab….*heul*

Immerhin wurden meine Bemühungen dieses Seminar nicht wieder durch eigene kreative Schaffensphasen zu sprengen wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Nach einem leckeren Eis, einem netten Ausklang des Ganzen, fahren wir nach Hause. Ohne Fähre!! Man fährt müde und erledigt (und schwitzend) Richtung Heimat, keine 30km gefahren und man steht im Stau. Während man sich dort langweilt, bombardiert einen das Navi mit Verkehrsmeldungen, die man irgendwann geflissentlich ignoriert. 

Nachdem an der Abfahrt nach Karlsruhe schon wieder die Autoschlange steht, entscheide ich mich spontan, mich gegen meine an der Scheibe angebrachte Verkehrschefin durchzusetzen. Geradeaus steht Stuttgart, wo Stuttgart ist, ist mein Wohnort nicht weit weg, also dort entlang. Nach verzweifelten Versuchen des Navis mich wieder „auf den richtigen Weg“ zu bringen kapituliert sie und akzeptiert die Routenänderung…immerhin ist sie nicht nachtragend!

 

Das wichtigste Seminarziel ist erneut erreicht. Ausgelastete, müde Hunde!